Kommentar des Stellvertr. Landrats Thomas Vizl zur Schließung des St. Josef-Krankenhauses in Schweinfurt

Vor der Kreistagswahl 2020: Thomas Vizl, Stefanie Döpfner und Anton Niedermeier vor der Geomed-Kreisklinik.

Aus dem Newsletter der Geonet in Gerolzhofen: „Die angekündigte Schließung des St. Josef-Krankenhaus zum 31.12.2024 hat die Region erschüttert. 800 Mitarbeiter*innen verlieren ihren Arbeitsplatz, 272-Krankenhaus-Betten gehen verloren.

Entwicklung: Das Krankenhaus Sankt Josef gehört dem katholischen Orden Kongregation der Schwestern des Erlösers in Würzburg. Seit längerem sucht der Orden nach einer Lösung und möchte die Klinik abgeben. Zunächst gab es Verhandlungen mit dem Leopoldina-Krankenhaus der Stadt Schweinfurt. Im Ergebnis sollten sich das städtische Leopoldina und das katholische Josef unter gemeinsamer Trägerschaft zusammenschließen. Das „Schweinfurter Modell“ wurde letztendlich vom Orden abgelent: „Eine Ein-Träger-Lösung in gemeinsamer Gesellschaft mit einem kommunalen Träger würde unserer Identität und unserem christlichen Auftrag zuwiderlaufen“, wird die Generaloberin in einer vorbereiteten Pressemitteilung zitiert.
Der Stadt Schweinfurt wurde dann vom Orden angeboten, die Klinik zu kaufen. Es gehe um Werte, um Haltung, zitiert die Mainpost. Als Beispiel nennt die Oberin des Ordens den Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen.
Die Übernahme des Josef durch die Stadt Schweinfurt scheiterte ebenfalls: „Die krankenhauspolitischen Umstände sowie die wirtschaftliche Situation des Leopoldina-Krankenhauses und der Stadt Schweinfurt, bieten derzeit keinen Spielraum für das geplante Projekt“, heißt es.
Zuletzt bot die Kongregation das Josef dem Bezirk Unterfranken an. Der Bezirkstag lehnte in einer Sitzung im Juli 2024 in nichtöffentlicher Sitzung eine Übernahme von St. Josef wegen hoher wirtschaftlicher Risiken mit 17 zu 4 Stimmen ab.
Somit verkündete die Kongregation das Ende der Klinik nach 93 Jahren zum Ende des Jahres 2024 für das 272-Betten-Haus mit 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und jährlich 30.000 Patientinnen und Patienten. Ein Schock für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die gesamte Region.

Ministerin kommt zu Besuch
Am Freitag kam die Bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach nach Schweinfurt. Nach einem Krisengespräch mit der Generaloberin der Würzburger Erlöserschwestern, Schwester Monika Edinger, verkündete Oberbürgermeister Sebastian Remelé das Ergebnis des Gesprächs:
Die Schließung des Josef steht fest. Das Leopoldina wird die Klinik nicht übernehmen.
Die angeschlossene Palliativstation bleibt erhalten.
Der Freistaat Bayern wird nicht finanziell für den Betrieb einspringen. Der Freistaat übernehme hingegen die Investitionskosten insbesondere für die erforderliche Erweiterung des Leopoldina-Krankenhauses, um die Versorgungsstrukturen aufrechtzuerhalten.
Die Bettenkapazität in Stadt und Landkreis Schweinfurt soll um 100 erhöht werden. 80 soll das Leopoldina-Krankenhaus durch interne Umstrukturierungen zur Verfügung stellen, 20 die Geomed-Klinik. Der Landkreis (dem die Geomed-Klinik gehört) war an den Gesprächen mit der Ministerin nicht beteiligt.
Die Notfallversorgung ist nach Meinung von OB Remelé sicher, die Kapazitäten des Leopoldina reichen aus. Notfallversorgung gibt es auch in der Geomed-Klinik in Gerolzhofen.
Im Rathausinnenhof in Schweinfurt demonstrierten 200 Mitarbeitende des St. Josef Krankenhauses für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Bereits am Samstag wurden in der Schweinfurter Innenstadt Unterschriften für den Erhalt des Josef gesammelt. Bisher ohne Erfolg.

Bedeutung
In Schweinfurt schließt ein funktionierendes und bei der Bevölkerung beliebtes Krankenhaus bereits zum Jahresende. 800 Mitarbeitende verlieren ihren Job. Im Leopoldina müssen große Investitionen getätigt werden, um die Kapazitäten zu erweitern. Auch in der Geomed-Klinik des Landkreises können nicht einfach die Kapazitäten erhöht werden, ohne zu investieren.
Ob das alles bis zum Jahresende umgesetzt werden kann, ist fraglich.

Persönliche Meinung von Thomas Vizl:
Es bringt nichts jetzt gegenseitig mit dem Finger auf die jeweils anderen zu deuten. Weder Bund noch Land oder die Erlöserschwestern haben hier eine Alleinschuld, aber alle sind verantwortlich. Veränderungen oder Reformen im Gesundheitssystem sind notwendig, sonst fahren wir das System gegen die Wand.

Allerdings – und das ist meine Kritik – werden die Interessen und die besonderen Anliegen des ländlichen Raums (und dazu gehören Stadt und Landkreis Schweinfurt) zu wenig beachtet. Deshalb hatte ich vor zwei Wochen den Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags, Ludwig Hartmann, zu einem Hintergrundgespräch in die Geomed-Kreisklinik eingeladen. Bei diesem Termin wurden die besonderen Probleme der kleinen Kliniken angesprochen, damit die Entscheider in den Parlamenten diese nicht vergessen. Von der kurzfristigen Schließung des Josef wusten wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts.

Nach diesem Gespräch bin ich auch weiterhin überzeugt, dass wir neben den großen Universitätskliniken auch die kleinen Krankenhäuser im ländlichen Raum brauchen, auch wenn diese den Trägern (Städte und Landkreisen) mehr oder weniger große Defizite bescheren. Ich bin sehr froh, dass der Kreistag Schweinfurt auf Vorschlag von Landrat Florian Töpper jedes Jahr den Fortbestand der Geomed-Kreisklinik mit großer Mehrheit über Parteigrenzen hinweg bestätigt. Dafür bin ich sehr dankbar!

Der ländliche Raum darf nicht noch mehr verlieren: Seit 1972 hat Gerolzhofen zuerst das Landratsamt, das Arbeitsamt, das Finanzamt und weitere Einrichtungen verloren. Später verabschiedete sich das Amtsgericht. Die Bahnstrecke wurde stillgelegt. Mit den Ämtern gingen auch Mitarbeiter*innen (z.B. Rechtsanwälte) und damit Einkommensteuer und Kaufkraft aus Gerolzhofen und dem Umland weg. Verblieben sind die Schulen des Landkreises (Realschule und Gymnasium-Aussenstelle), Staatlicher Bauhof und Kreisbauhof, die Polizeiinspektion und die Geomed-Kreisklinik mit rund 280 Arbeitnehmern, darunter auch viele Ärztinnen und Ärzte. Für Gerolzhofen wäre der Verlust der Klink noch gravierender als der Verlust des Josef-Krankenhauses für Schweinfurt.

Auch die ländlichen Regionen brauchen eine gute Gesundheitsversorgung, aber wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen. Das Josef und seine Mitarbeiter*innen sind uns genauso wichtig, wie das Leo und die Geomed. Die Region muss zusammenstehen und Entscheidungen für die Region und den ländlichen Raum in Berlin und München einfordern.

Ich begrüße deshalb die überparteiliche Initative von Landrat Florian Töpper (SPD) und Unterfrankens Bezirkstagspräsident Stefan Funk (CSU) zur Gründung eines überparteilichen Koordinierungskreises. Notwendig ist eine vorausschauende Planung, damit die Aufgaben und Finanzmittel der Standorte neu zugewiesen werden. Bis dahin sind die vorhandenen Kliniken möglichst zu erhalten.

Ich habe 2014 für den Kreistag kandidiert, damit ich mich für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Geomed-Klinik einsetzen kann. Das gilt auch weiterhin.

Ihr / Euer Thomas Vizl

Vom Bezirksbüro für Mitglieder:
„10 Argumente zur Krankenhausreform“ (PDF) und „Die Krankenhausreform – einfach zusammengefasst“ (PDF) sind in der Wolke Unterfranken zu finden: https://wolke.netzbegruenung.de/index.php/f/3603716546