Grüne Haushaltsrede im Bezirkstag 4. März 20244. März 2024 Die grüne Bezirkstagsfraktion hat dem Haushalt 2024 zugestimmt. Hier ist die Rede der Fraktion um Bärbel Imhof (Vors.), Gerhard Müller und Christina Feiler: Sehr geehrte Herren Präsidenten,Liebe Kolleginnen und Kollegen,Meine sehr verehrten Damen und Herren, Der Haushalt 2024 lässt aufhorchen! Wir knacken zum ersten Mal die 1 Mrd € Marke Gesamtvolumen. Alleine in den letzten 5 Jahren hat der Haushalt um 200 Mio € zugelegt, Tendenz steigend. Da steckt eine rasante Dynamik drin, die sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. 1 Mrd €: Wir tragen als kommunale Gebietskörperschaft ohne BerufspolitikerInnen also im Ehrenamt große Verantwortung für so viel Geld. 1Mrd €: 400 Mio € davon brauchen unsere Krankenhäuser und Heime. An dieser Stelle wollen wir uns ausdrücklich bei allen MitarbeiterInnen für ihren unermüdlichen Einsatz in diesen schwierigen Zeiten bedanken und wir haben jeden Tag höchsten Respekt vor dieser unglaublichen Leistung. Die Krankenhäuser und Heime sind unser Investitionsmotor im Bezirk. 60 Millionen € stehen im Plan, um zukunftsfähig zu bleiben, um gute Arbeitsbedingungen bieten zu können, und um auf dem Gesundheitsmarkt zu überleben. Die Krankenhäuser und Heime sind aber auch unsere Sorgenkinder. Dazu später mehr. Und nicht nur das. Auch energetisch gehen unsere Häuser voran und bauen die Nutzung regenerativer Energien konsequent aus. Hier geht unser Dank an unseren Klimaschutzmanager, der hervorragende Arbeit leistet. Der Haushalt 2024 lässt wirklich aufhorchen! Hätten wir nach einem derartigen Krisenjahr 2023 mit unaufhörlich schlechten Nachrichten nicht ganz andere Zahlen erwartet? Überraschend ist schon die hohe Umlagekraft in Unterfranken, die nach einem Rekordtief von – 0,1 % auf + 5,2 % schießt, obwohl doch die Wirtschaftslage des Mittelstandes und der Industrie als desaströs mit schwacher Perspektive für die Zukunft bezeichnet wurde und wird. So schlecht kann es dann doch nicht sein. Hinzu kommen die hohen Ergebnisverbesserungen aus den Jahren 2022 und 2023, die eine Rekordrücklage von 60 Mio € aufbauen ließen. Verständlich der Wunsch der UmlagezahlerInnen von so viel Geld die Umlage zu senken. Woher kommt das ganze Geld? Die starke Umlagekraft lässt auf eine stabilere Wirtschaft schließen, alleine diese Tatsache spült schon 18,9 Mio € mehr in die Kasse des Bezirks. Die enorm hohen Ergebnisverbesserungen der Haushalte 2022 und 2023 stammen überwiegend aus dem Einzelplan 4, also dem Sozialbereich. Die Gründe dafür sind vielfältig, beruhen aber auch und ich zitiere hier den Vorbericht des Kämmerers „auf Verschiebungen von Maßnahmen und einem Bearbeitungsstau“. Bearbeitungsstau vor allem in der Hilfe zur Pflege, wo viele Menschen auf ihre Bescheide warten. Ja, auch uns trifft der Personalmangel, keine Frage, aber einen Antragsstau dürfen wir nicht lange hinnehmen und müssen Lösungen finden. „Verschiebungen von Maßnahmen“ lesen wir als nicht durchführbare Investitionen. Und das spiegelt sich ja auch deutlich im Vermögens-Haushalt des Bezirks. Lediglich 2,4 Mio € stehen im Plan, ganze 300.000 € davon entfallen auf den Sozial-Haushalt. Das ist rekordverdächtig wenig. Ja, es stimmt, dass niemand von unseren PartnerInnen in der Wohlfahrtspflege derzeit investieren will und kann, weil die Zeiten schwierig sind: Inflation, hohe Baukosten, kein Personal, keine HandwerkerInnen, die Zuschüsse aus Bund und Land völlig unzureichend, die Umsetzung des PflewoqG sowieso verschoben werden muss, weil keiner die Fristen einhalten kann. Wie praktisch, keine Investitionen, keine Kosten. Den Schluss, den scheinbar einige daraus ziehen, ist, wir haben genug Geld übrig, also warum in der Rücklage horten, wenn wir damit die UmlagezahlerInnen weiter entlasten könnten? Ist das vernünftig und vorauschauend? Wäre das wirklich eine kluge Finanzstrategie? Wir geben trotz hoher Umlagekraft 30 Mio € als Einmalzahlung an die UmlagezahlerInnen weiter, das tragen wir als Fraktion mit. Doch wir sollten uns davor hüten noch tiefer in die Rücklage zu greifen. Wir haben uns mal bei den anderen Bezirken in Bayern umgehört, wie die das so machen und wir haben erfahren, dass es keineswegs anrüchig ist, für kommende Investitionen Rücklagen aufzubauen, um die Umlage konstant stabil zu halten und dadurch Planungssicherheit zu geben. Wir finden, das ist eine gute Strategie. Und mal ganz ehrlich, der Bedarf an Investitionen ist ja nach wie vor da, auch wenn die Zeiten schwierig sind. Neben unseren PartnerInnen in der Wohlfahrtspflege sehen wir durchaus den Bezirk in der Pflicht selbst zu investieren, z.B. was Einrichtungen für die FehlliegerInnen in der Psychiatrie anbelangt, oder in der Ambulantisierung der Psychiatrie mit weiteren PIAs. Werfen wir einen Blick auf unsere Krankenhäuser. Wir waren all die Jahre, ja Jahrzehnte sehr verwöhnt. Unsere Häuser haben immer schwarze Zahlen geschrieben und Gewinnvorträge für schlechte Zeiten aufgehoben. Genau in diesen schlechten Zeiten sind wir jetzt angekommen: Die Klinik in Münnerstadt lebt von seinen Reserven, die Klinik am Greinberg ist gerade so an der Grenze, das König-Ludwig-Haus muss aus seinen Rücklagen den laufenden Betrieb finanzieren. Für Investitionen bleibt nichts übrig. Schon jetzt benötigen wir 20 Mio € für den Umbau des Südflügels aus dem Kameralhaushalt. Für die weitere Entwicklung des KLH werden in den nächsten Jahren zusätzlich 100- 150 Mio € veranschlagt. Und es ist eine Frage der Zeit, bis auch die Psychiatrien ihre Rücklagen aufgebraucht haben und künftige Investitionen aus dem Kameral-Haushalt finanziert werden müssen. Das ganze Gesundheitssystem kommt an seine Grenzen. Und schuld daran ist sicher nicht die zukünftige Krankenhausreform, sondern die Schieflage vieler Häuser resultiert aus strukturellen Fehlentwicklungen in Länderverantwortung und einer gnadenlosen Ökonomisierung des Gesundheitswesens. Es zeichnet sich also ab, dass wir viel Geld in der Zukunft brauchen werden und unserer Kämmerer prophezeit ja schon für 2025 einen Hebesatz von 19,7%. Ja, wir als Grüne Fraktion sind mal wieder die MahnerInnen, das Geld für den Bezirk zusammenzuhalten und Vorsorge zu treffen, denn die Sozialausgaben werden weiter steigen und der Freistaat wird die FAG- Mittel dafür sicher nicht signifikant erhöhen, wie wir alle seit Jahren schmerzlich erfahren müssen. Die Schere klafft inzwischen besorgniserregend auseinander. Nur noch 21% der Sozialausgaben des Bezirks trägt der Freistaat. Das ist nicht nur besorgniserregend, das ist beschämend und zeigt, welchen Stellenwert die Sozialpolitik in Bayern hat. Es wird immer schwieriger, all den Herausforderungen im sozialen Bereich überhaupt noch hinterher zu kommen und dabei immer qualitativ hochwertige Arbeit abzuliefern. Die schwierige Situation hat aber auch ihr Gutes. Alle Akteurinnen und Akteure rücken näher zusammen. Die Kommunikation und der Austausch untereinander sind deutlich besser geworden und wird von allen Beteiligten als sehr positiv und bereichernd wahrgenommen. Die Verwaltung des Bezirks und der Krankenhäuser, die demokratischen Parteien im Bezirkstag und die sozialen PartnerInnen in Unterfranken suchen nach Lösungen und arbeiten gemeinsam an Aufgaben. Das ist sehr gut so – und wir danken an dieser Stelle besonders dem neuen Bezirkstagspräsidenten für sein Engagement in schwierigen Zeiten! Wir danken natürlich auch dem Kämmerer und seinem Team für die Zusammenstellung des Zahlenwerkes. Unsere Fraktion stimmt dem Haushalt mit allen Anlagen zu.